Große Gefühle, großes Kino: Die besten Italienfilme, Teil 2
Während es im ersten Teil unserer kleinen Serie Italien, Land der Leidenschaft – Filme mit Herz, Schmerz und Happyend vor allem um Herz, Schmerz und die Liebe ging, widmen wir uns dieses Mal der großen Filmkunst.
Wir stellen Ihnen fünf Meisterwerke der italienischen Kinogeschichte vor, von Vittorio de Sicas neorealistischem Klassiker „Fahrraddiebe“ über Federico Fellinis Ode an den Glamour, „La Dolce Vita – Das süße Leben“, bis zu Paolo Sorrentinos „La Grande Bellezza – Die große Schönheit“, der 2013 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film gewann. Und nun lehnen Sie sich zurück und lassen Sie sich von den Giganten des italienischen Kinos verzaubern…
Fahrraddiebe (1948)
Rom, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg: Dem Plakatkleber Antonio wird das Fahrrad gestohlen, das er unbedingt für seinen Job braucht. Zusammen mit seinem Sohn macht sich Antonio auf die Suche nach dem Dieb und trifft schon bald auf einen Verdächtigen. Doch weil er ihm nichts beweisen kann, wird Antonio zu einer Verzweiflungstat gezwungen… „Fahrraddiebe“ macht das Elend im Nachkriegs-Rom spürbar, ist einerseits völlig ungeschönt, andererseits von enormer Menschlichkeit. Ein bewegendes Meisterwerk, größtenteils von Laiendarstellern gespielt, was den Realismus des tatsächlich auf den Straßen Roms gedrehten Films zusätzlich steigert. Der Oscar für den „Besten fremdsprachigen Film“ war völlig unumstritten; es war übrigens der zweite für Regisseur Vittorio de Sica. Bereits zwei Jahre zuvor gewann er mit „Schuhputzer“ den ersten jemals vergebenen Auslands-Oscar.
La Dolce Vita – Das süße Leben (1960)
Wieder Rom, nur zwölf Jahre später: Aus der kriegsgebeutelten Stadt ist eine Glamour-Metropole geworden. Zumindest sieht es Regisseur Federico Fellini so: Er zeigt, wie es sich die Hautevolee der Stadt gut gehen lässt. Fellinis Held ist der Klatschreporter Marcello (gespielt von Marcello Mastroianni), der im nächtlichen Rom auf der Suche nach dem nächsten Scoop ist. Dabei begegnet er unter anderem der Hollywood-Schauspielerin Sylvia (Anita Ekberg), die in der berühmtesten Szene des Films ein nächtliches Bad im Trevi-Brunnen nimmt. Nicht nur wegen dieser Szene löste „La Dolce Vita“ bei seiner Premiere einen Skandal aus. Die Frivolität, die Fellini damals vorgeworfen wurde, wirkt heute, mehr als ein halbes Jahrhundert später, natürlich eher harmlos. Ein mitreißender Film über das nur scheinbar süße Leben der oberen Zehntausend ist „La Dolce Vita“ aber immer noch.
Cinema Paradiso (1988)
Eine schwelgerische Liebeserklärung ans Kino: Folgerichtig wurde „Cinema Paradiso“ mit dem Oscar als bester ausländischer Film ausgezeichnet. Regisseur Giuseppe Tornatore erzählt die Geschichte des fiktiven römischen Filmregisseurs Salvatore, der nach dem Tod seiner Mutter zurückkehrt in das sizilianische Dorf seiner Jugend. In Rückblenden erfahren wir, wie Salvatore in den Vierzigerjahren das Kino als den Ort für sich entdeckt, der seine Sehnsüchte und Träume wahr werden lässt. Doch nicht nur an beseelte Stunden vor der Leinwand erinnert sich Salvatore, sondern auch an die unerfüllte Liebe zu Elena. Eine bewegende Geschichte, von der wundervoll melancholischen Musik Ennio Morricones kongenial untermalt.
Brot und Tulpen (2000)
Venedig ist nicht nur der Sehnsuchtsort unzähliger Touristen aus aller Welt – auch viele Italiener träumen von der zauberhaften Stadt. Eine von ihnen ist Rosalba, in einer unglücklichen Ehe in einer nichtssagenden mittelitalienischen Stadt gefangen. Als ihr Ehemann sie an einer Raststätte einfach stehen lässt, kommt Rosalbas große Chance: Sie macht sich auf den Weg nach Venedig und findet nicht nur schnell ein Zimmer und einen Job, sondern mit Fernando (Bruno Ganz) auch den Mann ihrer Träume. Dennoch entschließt sie sich, in ihr altes Leben zurückzukehren – eine Entscheidung, die Fernando nicht akzeptieren will… Was klingt wie ein etwas seifiges Drama, entpuppt sich als herrliche Komödie, die die Romantik feiert – und Lust macht auf das Leben, die Liebe, das Lachen und die Lagunenstadt Venedig.
La Grande Bellezza – Die große Schönheit (2013)
Neben dem Oscar und dem Golden Globe hat dieser Film gleich vier Europäische Filmpreise gewonnen. Das spricht dafür, dass viele Kinogänger eine Sehnsucht verspüren nach dem opulenten Kino früherer Tage, das in Zeiten global konzipierter Blockbuster kaum noch eine Chance hat. „La Grande Bellezza“ ist eine groß angelegte Hommage an „La Dolce Vita“. Wie Fellinis Klassiker spielt auch Paolo Sorrentinos Meisterwerk in Roms High Society. Hauptfigur ist der alternde Salonlöwe Jep, der anlässlich seines 65. Geburtstags in eine Lebenskrise gerät. Er beginnt zu erkennen, dass hinter der schillernden Oberfläche seines Freundeskreises aus Politikern, Künstlern und Intellektuellen nicht viel steckt. Die große Schönheit, sie beinhaltet immer auch die große Leere. Fast zweieinhalb Stunden dauert „La Grande Bellezza“ – er hätte gern doppelt so lang sein dürfen. Visuell überwältigend, verführerisch und gleichzeitig von Heiterkeit und Melancholie erfüllt, hat kaum ein Film in den vergangenen zehn Jahren sein Publikum so sehr zu bewegen vermocht.
Bild: Szene aus „La Grande Bellezza“, © DCM Universum Film GmbH