Magischer Wein: Amarone
Dieser Wein ist ein echter Emporkömmling. Es ist noch gar nicht lange her, dass der Amarone kaum bekannt war und vergleichsweise wenige Flaschen hergestellt wurden. Dass man ihn heute in aller Welt ebenso rühmt wie den Brunello di Montalcino und den Barolo, war damals nicht abzusehen.
In den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts, so erzählt man sich unter Weinkennern, sei der Amarone durch einen Zufall erfunden worden: Der Mitarbeiter eines Weinguts soll ein Fass mit Recioto, einem süßlichen Wein, der aus dem Valpolicella stammt, im Keller zunächst vergessen und dann wiederentdeckt haben. Beim Anstich des Fasses folgte eine önologische Offenbarung.
Ob Legende oder Wahrheit spielt keine Rolle. Es ist eine schöne Geschichte, die zu diesem außergewöhnlichen Wein passt. Ein Wein, der gleichzeitig kraftvoll ist (15 Prozent Alkohol sind keine Seltenheit) und leicht bitter, der aber auch eine geradezu geheime Süße in sich trägt. Dazu kommt der Geschmack nach Holz und eine überwältigende Fruchtigkeit, die viel damit zu tun hat, wie der Amarone hergestellt wird.
Amarone wird aus getrockneten Trauben gemacht
Die Heimat des Amarone ist die Valpolicella-Region im Norden Italiens, die sich östlich des Gardasees erstreckt. Verwendet werden die Rebsorten Rondinella, Molinara, Corvina und Corvinone Veronese. Die Trauben werden nicht unmittelbar nach der (späten) Lese verarbeitet, sondern zunächst für mehrere Monate getrocknet. In Italien nennt man diesen Vorgang das Appassimento, was so viel heißt wie Schwund. Denn die Trauben verlieren Feuchtigkeit und Gewicht – und der Wein gewinnt dadurch an Dichte und Intensität.
Aber Achtung: Nicht jeder Weinfreund ist gleichzeitig auch ein Liebhaber des eigenwilligen Amarones mit seinem Bukett von unter anderem Kräutern, Kirschen und dunklen Beeren. Auch die Bitternote im Abgang (der Name des Weins leitet sich vom italienischen Wort amaro ab, das bitter bedeutet) vermag nicht jeden zu begeistern. Aber die meisten Weintrinker, die einmal einen hochklassigen Amarone probiert haben, verfallen diesem tiefroten Tropfen, den „Die Zeit“ einmal als „Ein Wein, der wärmt“ feierte.
Amarone: Ein Hit in Kanada
In der Wochenzeitung erfährt man übrigens eine weitere skurrile Geschichte über diesen einzigartigen Wein: Weil zunächst kaum jemand in Italien den Amarone trinken wollte, wurde sehr viel davon exportiert. Und ausgerechnet in Kanada wurde der Wein ein Verkaufsschlager – der Beginn einer Weltkarriere. Die Preise sind inzwischen leider entsprechend: Bei etwa 20 Euro fangen die Amarones an – und bei 300 Euro ist noch lange nicht Schluss. Der Amarone ist eben in jeder Hinsicht kein alltäglicher Wein.
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