Der Fiat 500: Abgefahren italienisch
Knutschkugel, so nennt man den klassischen Fiat Nuova 500. Weil er so niedlich ist, dass man ihn einfach herzen und küssen muss. Gebaut wurde er zwischen 1957 und 1975; seit 2007 gibt es eine Neuauflage, die – ähnlich wie es BMW beim Mini gemacht hat – die Merkmale des Klassikers aufnimmt, um ein modernes Design-Fahrzeug zu präsentieren.
Vor allem Frauen sind das Zielpublikum, weshalb auch von Designern wie Gucci entworfene Sondermodelle zur Angebotspalette gehören. Nur böse Zungen nennen so etwas „eine fahrende Handtasche“!
Wie kaum ein anderer Wagen steht der Fiat 500 für italienisches Lebensgefühl. Er passt einfach perfekt in pittoreske Städtchen mit engen Gassen und antiken Gebäuden. Echte Auto-Nerds können mit der Knutschkugel natürlich eher wenig anfangen, jammern über Reparaturanfälligkeit und Enge und fehlende Motorisierung – aber mal ehrlich: Wer könnte dem Kleinen widerstehen, wenn er vor einem steht und einen mit seinen niedlichen Scheinwerfern anstrahlt.
Fiat 500: Der Klassiker wird auch heute noch heiß und innig verehrt
Wo ein Ferrari Neid und Aggressionen auslösen kann, erntet der Fiat 500 nur verzücktes Lächeln – ein echtes Knuddel-Auto, das auch heute noch viele Liebhaber findet. In Italien und Deutschland haben sich die Anhänger der Kult-Kugel zu Vereinen zusammengeschlossen, die zu gemeinsamen Treffen und Ausfahrten einladen. Hier geht es nicht darum, wer den Größten, Dicksten oder Schnellsten hat, sondern um Niedlichkeit und Fantasie.
Als der Fiat Nuova 500 1957 auf den Markt kam, war die Begeisterung in Italien groß: Ein Auto, das für jeden erschwinglich war! So wie der VW Käfer in Deutschland wurde der Fiat 500 zum Symbol für den Aufschwung der Fünfzigerjahre. Die Ausstattung war zwar minimal – die ersten Modelle kamen ohne Tankanzeige und richtige Hinterbank auf den Markt – aber egal, Hauptsache mobil.
Ein Wagen fürs Wirtschaftswunder
Auch in Deutschland verniedlichten bald zahlreiche Fiat 500 das Straßenbild, in kein anderes Land exportierte Fiat mehr davon als in die BRD. Italien wurde im Wirtschaftswunder zum Sehnsuchtsland der Deutschen, und neben der Vespa, Lambrusco und Spaghetti verkörperte auch der Fiat 500 perfekt die Träume vom dolce vita.
Als die Produktion 1975 eingestellt wurde, hatte Fiat mehr als 300 Millionen Knutschkugeln verkauft (inkl. diverser Sondermodelle). Warum man in Turin 1992 mit dem Fiat Cinquecento einen derartig reizlosen Nachfolger vom Band ließ, wird wohl ewig das Geheimnis des italienischen Autobauers bleiben. Erst seit 2007 sind wir wieder einigermaßen versöhnt: Der neue Fiat 500 strahlt uns wieder so verschmitzt an, dass nur Menschen ohne Herz nicht zurückstrahlen.
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