La musica italiana – Teil 1: Die große Sehnsucht

Begehrt in Deutschland: Der italienische Schlager

In Deutschland liebt man ihn, den italienischen Schlager.

Als in den Fünfzigerjahren die ersten VW Käfer über die Alpen gen Italien fahren, beginnt sie: die große Liebe der Deutschen zu Italien. Das Wirtschaftswunder macht es möglich.

Endlich kann man es Rudi Schuricke gleichtun und selbst zusehen, wie bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt. Oder der Bitte Caterina Valentes nachkommen, doch ein bisschen mit nach Italien zu kommen. Das Fernweh, das im Radio besungen wird, lässt sich endlich stillen und setzt eine Reisewelle ungeahnten Ausmaßes in Gang.

So manche Wirtschaftswunder-Hausfrau träumt sich beim Genuss von Chiantiwein und den Klängen aus der italienischen Jukebox in ein anderes, ein aufregenderes Leben. Weg vom heimischen Herd und ihrem wohlbeleibtem Heinz in die braungebrannten Arme eines strammen Latino-Lovers namens Luciano oder Lorenzo.

Lieber die italienischen Originale hören

Wieder zurück in Deutschland bleibt die Sehnsucht. Sie wird gleichermaßen genährt und gestillt durch Souvenirs, die man aus dem Land, wo die Zitronen blühen, mitgebracht hat: Einen rötlich-braunen Teint, bastumwickelte Weinflaschen, ein Stück harten Käse, den die Italiener Parmesan nennen und Platten der Lieblingsschlager. Nun besingen nicht mehr deutsche Interpreten die Verlockungen jenseits des Brenners, man hält sich lieber an das leidenschaftliche italienische Original.

Sei es „Buonasera (Signorina)“ geschrieben von Fred Buscaglione und weltberühmt geworden durch die Interpretation von Louis Prima oder „Volare (Nel blu dipinto di blu)“ von Domenico Modugno. 1958 gewinnt der Sänger und Liedermacher damit das Festival von San Remo. Nur ein Jahr später landet er mit seinem Beitrag „Piove (Ciao Ciao Bambina)“ einen weiteren Welthit. Modugno gilt als der Gründer der „Cantautori“, der italienischen Singer-Songwriter-Bewegung, die ihre große Zeit später in den Siebziger- und Achtzigerjahren haben wird. Sein Geburtsort Polignano a Mare widmet dem berühmten Sohn der Stadt – der übrigens vier Mal in San Remo gewann – jedes Jahr sein eigenes Musikfest „Meraviglioso Modugno“.

Adriano Celentanos Welthit „Azzurro“

Ende der Sechzigerjahre lauten die Hymnen der deutschen Italienurlauber „Una festa sui prati“ und vor allem „Azzurro“. Beide von Adriano Celentano gesungen, macht er den letzteren (von Paolo Conte) geschriebenen Song zum Welthit. Für sich selbst hat Conte unter anderem mit „Via con me“ und „Genova per noi“ italienische Evergreens komponiert. Wer jetzt glaubt, der italienische Machismo hätte sich auch in der Popmusik breit gemacht und Frauen hätten hier nichts zu singen, der irrt.

Liebesfreuden und Liebesleid

Gigliola Cinquetti gewinnt 1964 mit „Non ho l’età“ zuerst in San Remo und im selben Jahr den Grand Prix Eurovision und wird europaweit bekannt. Und auch Patty Pravo („La bambola“), Ornella Vanoni („L’appuntamento“), Mina („Il cielo in una stanza“), Raffaella Carrà („A far l’amore comincia tu“) und viele andere weibliche Interpreten besingen erfolgreich Lebensfreuden und Liebesleid.

Obwohl seit 1951 alljährlich Ende Februar/Anfang März in San Remo die italienische Popmusik gefeiert und der jeweilige Sommerhit (Canzone dell’estate) bestimmt wird, etabliert sich Anfang der Siebzigerjahre eine weitere Musikrichtung.

Es beginnt die schon erwähnte Hochzeit der Cantautori. Die italienischen Liedermacher singen nicht von Liebe, Lust und Trennungsschmerz, sondern über soziale Ungerechtigkeit und bürgerliche Doppelmoral. Sie provozieren die katholische Kirche und leisten politischen Widerstand.

Die Texte sind gesellschaftskritische Essays in Versform. Sie sprechen den Menschen aus der Seele und werden bis heute von der Bevölkerung begeistert mitgesungen. Wer in dieser Zeit über den Brenner fährt und sein Radio auf Empfang hat, lernt sie alle kennen: Lucio Battisti, Fabrizio De André, Pino Daniele, Francesco De Gregori, Gino Paoli, Antonello Venditti, Lucio Dalla. Aber auch Künstler wie Adriano Celentano und Paolo Conte mischen weiter mit…

Im zweiten Teil befassen wir uns mit dem Thema: La musica italiana – Teil 2: Mehr als Sehnsuchtsschlager.

 

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Vom 17.09.2015  |  Kategorie: