Bolognas Küche – schwelgen und genießen

Skyline von Bologna

Bologna: Eine italienische Stadt mit viel Charme

Selten wird eine Stadt international so unter Wert verkauft.

Man liest ihren Namen auf jeder – wirklich jeder – Speisekarte beim Italiener, und eine ihrer Spezialitäten wird bei uns im Supermarkt verkauft – wenn auch völlig falsch. Dabei hat Bologna wahrlich etwas anderes verdient!

Bologna und die „spaghetti alla bolognese“ müssen wir erst einmal voneinander trennen. Bleiben wir zuerst bei der Stadt, und das schön lange, denn Bologna ist eines der wichtigsten gastronomischen Zentren Italiens. Und ein wahrhaftes Fest für die Sinne. Seit 950 Jahren Universitätssitz, hat die 400.000-Einwohner-Stadt einen wirklich ganz besonderen Charakter: Bolognas einzigartiges Stadtbild – fast das gesamte Zentrum mutet mittelalterlich an – wird von den „porticos“ geprägt, überbauten Gängen, die zu den schmalen Straßen hin von bogenförmig gemauerten Stützen begrenzt sind. Als die Universität wuchs und immer mehr Wohnraum benötigt wurde, schoben die Baumeister die Häuser ab dem ersten Stockwerk kurzerhand weiter zur Straßenmitte hinaus und stellten gemauerte Rundbögen darunter – ein Zugewinn an Wohnraum, ohne dass die Straßen selbst enger wurden.

Über 38 Kilometer solcher Bogengänge gibt es noch – perfekt, um sich auch bei schlechtem Wetter trockenen Fußes durch die Stadt zu bewegen. Und perfekt auch für die Gastwirte, die allerorten Tische und Stühle vor die Tür stellen – man isst irgendwie im Freien und hat doch ein Dach über dem Kopf. Ein Drinnen-draußen-Gefühl, das man in Bologna überall erleben kann.

Bolognas Küche – das Beste aus zwei Welten

Und erleben kann man das besondere Gefühl, fast überall in den Trattorias, Pizzerias und Restaurants Bolognas auf hingebungsvolle Köche zu stoßen, die sich als Botschafter ihrer Stadt und ihrer Region verstehen und mit viel Respekt vor Lebensmitteln und ihren Gästen absolut leckere Speisen auf den Tisch zaubern. Bolognas Küche ist gesegnet, weil aus der umliegenden Provinz – der Emilia-Romagna – die besten, vielfältigsten und frischesten Zutaten kommen, die man in italienischen Speisen nur finden kann. Darunter der Parmigiano-Reggiano, als bester Hartkäse der Nation gerühmt, und natürlich Parmaschinken, wenngleich in Bologna Schweinefleisch in noch viel größerer Zubereitungsvielfalt die Speisekarten bereichert. Zum Beispiel – weltberühmt – als Mortadella!

Die Reichhaltigkeit von Bolognas Küche erklärt sich auch aus ihrer Grenzlage: Die Emilia-Romagna gilt als Übergangsbereich der von Butter und besagtem Schweinefleisch geprägten norditalienischen Küche und der für den Süden typischen Ausrichtung auf Olivenöl und Lammfleisch. Finden Sie mal eine Landschaft, die doppelt reich ist an regionaltypischen Gerichten!

Essen gehen in Bologna – die Qual der Wahl

Ehe der Hunger quälend wird, bieten die unzähligen Restaurants und Osterias der Stadt Rettung – nur um noch einen kleinen Moment Qual der Wahl anzufügen. Hier hilft die alte Faustregel: Wo viele Italiener ausgiebig speisen, ist – und isst! – man richtig. Aber es sollte nicht schwerfallen, nach Landessitte mit dem üppigen Abendmenü bis 21 Uhr zu warten, wenn sich echte Italiener ins Restaurant begeben. Denn in der Universitätsstadt Bologna pflegen nicht zuletzt die vielen Studenten ab 18 Uhr die Tradition des Aperitivo: Zu einem kleinen Glas Wein wählt man vom Büfett ein paar Leckereien wie Mozzarella, frittierte Oliven mit Fleischfüllung oder Bruschetta-Variationen und überbrückt so die Zeit bis zum richtigen Abendessen. Kulinarisch gibt es hier zuweilen echte Entdeckungen zu machen, etwa „affettato misto“, eine Aufschnittplatte mit Salami- und Schinkenspezialitäten. Vegetarier freuen sich über „erbazzone“, eine Gemüsetorte aus der umliegenden Reggio Emilia. Leider nur sehr selten findet man Bolognas „fritto misto alla bolognese“, eine leckere Zusammenstellung frittierter Gemüse-, Obst- und Fleischstückchen mit ebenfalls frittierten Zucchiniblüten und süßer Creme.

Einen gelungenen Einstieg mit dem Aperitivo in das gastronomische Abendvergnügen kann man im „Café de Paris“ an der Piazza del Francia erleben. Erwarten Sie keinesfalls ein üppiges Abendessen – dafür aber niedrige Preise, denn auch kleine Angestellte, Arbeiter und Studenten sollen sich diese Tradition leisten können.

Höhepunkt des Abends – mit Fleisch

Zum Ausgangspunkt einer regelrechten Entdeckungsreise dient die „Drogheria della Rosa“ – diese ehemalige Drogerie in der Via Cartoleria 10 ist Treffpunkt für Freunde jeglicher Fleischgerichte, die typisch sind für Bologna. In diesem vollgestellten, leicht antiquiert wirkenden Restaurant sind es die in Balsamico marinierten Steaks, die man unbedingt probiert haben muss. Dazu werden unterschiedlichste Beilagen auf den Tisch gestellt, die später auf der Rechnung keine Spur hinterlassen. Man sitzt noch lange bei einem feinen Wein – ob von einem namhaften Winzer oder einfacher Hauswein.

Mehr Appetit auf Spezialitäten? Dann versuchen Sie mal „bollito misto“, einen Mix aus gekochtem Rind, Kochwurst, Schweinefuß und Rinderzunge mit grüner Kräutersauce. Oder „straccetti di manzo“, dünne Stückchen Rindfleisch, die kurz angebraten und mit Balsamico angemacht werden. Kräftig-deftig kommt „stracotto“ daher, ein Schmorbraten mit Polenta, dem Zimt, Nelken oder Wacholder die besondere Note verleihen.

Typisch Italien, typisch Bologna: Pasta!

Klar, Nudeln gibt’s in Italien überall. Aber dass „pasta“ weit über „Nudeln“ hinausgeht, ist eine Grunderfahrung Bolognas. Tauchen Sie ein in diese Welt – im „La Traviata“ (Via Urbana 5c). Denn die hiesige Spezialität ist – na, Sie wissen schon… Gleich mehrere Pasta-Gerichte wurden in Bologna erfunden und genießen bis heute Kultstatus: die Bandnudeln „tagliatelle“ etwa oder die Lasagne, dieser leckere Auflauf aus Nudeln, Hack, Tomaten- und Béchamelsauce, der hier kreiert wurde und längst in vielen Variationen in ganz Italien verbreitet ist.

Und Tortellini! Einst als besondere Speise zu Ostern und Weihnachten zubereitet, gehören sie heute auf jede Speisekarte; es gibt mehr als 100 feine Füllungen zu entdecken. Doch beachte man die terminologischen Feinheiten der Region: In Parma enthalten die kleinen Teigtäschchen Kartoffeln und Käse und werden als „tortellini“ angepriesen, in Ferrara kommt Kürbisfüllung in die „cappellacci“, und bolognesische Köche zaubern eine umwerfende Ricotta- und Spinatfüllung für ihre – „tortelloni“. Aber keine Sorge, man findet alle drei Richtungen friedlich vereint in Bolognas Restaurants. Und bei aller Tradition: Das „La Traviata“ experimentiert gern, lässt auch mal die Tomatensauce weg und überrascht mit anderen, neuen Zutaten. Besonders stilvoll isst man Pasta auch im „Ristorante Diana“, einem seit fast 100 Jahren geschätzten Tempel Bologneser Kochkunst, eine kulinarische und Zeitreise zugleich, denn im vergangenen halben Jahrhundert wurde hier in der Via dell’Indipendenza 24 tatsächlich nichts verändert.

Ach, könnte man doch etwas länger bleiben – es gäbe noch so viel zu entdecken oder wieder und wieder auszukosten. Etwa „piadina“, worunter man sich eine gefüllte Pizza vorstellen kann und die wohl am leckersten im „La Tua Piadina“ zubereitet wird, von der voluminöseren „piadina bertinoro“ bis zur dünnen Variante der „riccione“. Auch Vegetarier kommen hier in der Via Borgonuovo 17 auf ihre Kosten.

Eine Überraschung, ein Rätsel

Ganz anders lässt sich übrigens in der „Osteria del Sole“ (Vicolo Ranocchi 1d) Bolognas Speisenangebot genießen. In diese Weinstube im alten Marktviertel nahe der Piazza Maggiore, immerhin schon seit 1465 betrieben, bringt man sich das Essen mit, das man vorher auf dem Markt in der Via Pescheria gekauft hat. Dazu kann man wunderbare Weine bestellen.

Bleibt noch, das Rätsel der Spaghetti Bolognese aufzuklären: Richtig, die leckere, würzige, fleischbasierte Sauce wurde hier erfunden und wird bis heute gepflegt und zelebriert – allerdings auf Bandnudeln als „tagliatelle al ragù“: Auf Spaghetti werden Sie die hier niemals finden, und „Bolognese“ heißt sie nur außerhalb Italiens. Wie Andronacos Videokoch Giovanni Zarrella die Bolognesesauce gern mag, erfahren Sie hier.

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Vom 29.02.2016  |  Kategorie: