Kulinarisches Italien – Piemont
Ein Jammer, denn sonst könnten Sie genau jetzt eine der ursprünglichsten Landschaften Italiens erschnuppern: Das Piemont, am nordwestlichen Zipfel Italiens gelegen, mit Turin als größter Stadt. Ihre Nase würde den intensiven, aber sehr angenehmen Geruch des weißen Alba-Trüffels aufsaugen, Ihre Zunge vom klassischen Geschmack des Nebbiolo-Weines verführt werden und Ihre Haut den warmen Sommerwind fühlen.
Trüffel: Die Diamanten des Piemont
Beginnen wir unsere kulinarische Rundreise mit einer Fälschung, der Piemont-Kirsche. Die in Alkohol getränkte und mit Schokolade umschlossene Kirsche ist eine Marketing-Erfindung, es gibt sie gar nicht. Die Diamanten des Piemont hängen drei Etagen tiefer: Trüffel. Die nuss- bis faustgroßen Knollen wachsen unter der Erde und sehen mit ihrer warzenähnlichen Haut nicht wirklich verlockend aus. Aber sie sind schwer zu finden, ihr Fleisch ist sehr aromatisch und deshalb begehrt. Weißer Alba-Trüffel kostet rund 2.500 Euro pro Kilo! Dabei bietet Trüffel mehr als nur ein Geschmackserlebnis, er punktet auch mit einem hohen Gehalt an Eiweiß, Eisen und Ballaststoffen. Mit Trüffel oder Trüffelöl lassen sich Nudel- und Fleischgerichte sehr gut aufwerten und verfeinern. Tipp: Stark riechende Trüffel zusammen mit Reis oder frischen Eiern in einem geschlossenen Gefäß lagern. Daraus können Sie nach ein bis zwei Tagen sehr geschmackvolle Rühreier oder leckeres Risotto zubereiten.
Barolo und Barbaresco: Rotes Gold
Und wenn wir schon in der Region Langhe, der Heimat des berühmten weißen Alba-Trüffels wandeln, widmen wir uns doch auch gleich den passenden Getränken: Dem bekannten Rotwein Barolo und seinem „kleinen Bruder“ Barbaresco. Wobei „kleiner Bruder“ dem Barbaresco nicht wirklich gerecht wird. Im Vergleich zum kräftig-markanten Barolo mundet der rubinrote Barbaresco samtiger. Beide werden aus der Nebbiolo-Traube hergestellt. Die Reben, die für den Barolo genutzt werden, wachsen in etwas höheren Lagen auf gehaltvollerer Erde. Mit seiner feinen Note von getrockneten Rosenblüten, Schwarzkirschen und Anis hat sich der Barbaresco besonders zu Pasta- und Fleisch-Gerichten einen Namen gemacht und wird auch gern „Wein der Königin“ genannt. Den „Wein der Könige“, den vermeintlich edleren, tiefroten Barolo hingegen genießt man besser zu kräftigen Speisen, wie beispielsweise Rinderbraten, Wild oder dunklem Geflügelfleisch, aber auch würzigen alten Käsesorten.
Alles Pasta? Nirgendwo in Europa wird so viel Reis angebaut wie im Piemont
Ob nun die Italiener oder die Chinesen die Nudel erfunden haben – geschenkt! Fakt ist: Das größte Anbaugebiet Europas für Reis liegt an den Hängen in der Poebene. Ein Drittel der europäischen Reisproduktion stammt aus dem Piemont. Besonders bekannt ist der schwarze Reis, natürlich bestens geeignet für eines der bekanntesten Nationalgerichte Italiens, dem Risotto. Sein nussiger, leicht süßlicher Geschmack gibt dem schwarzen Reis seine einzigartige Note. Wichtig bei der Zubereitung von Risotto: den Reis nicht waschen. Nur so kann er während des Kochens Stärke abgeben und so typisch cremig werden. Wenn Sie den Reis zuvor mit ein wenig Trüffel zusammen luftdicht aufbewahrt haben (siehe oben), spendieren Sie Ihrem Risotto noch eine feine Note.
Slow Food: Genuss der Langsamkeit
Sie merken schon: Im Piemont bewegen wir uns im Land des Genusses. Traumhafte Wege und Landschaften am „Fuße der Berge“ – so der lateinische Name des Piemont: Pedemontium. Eile und Hetze kennt man hier in den meist kleinen Dörfern und Städten eher nicht. So wie in Bra, einem 30.000-Einwohner-Ort, etwa eine Auto-Stunde südlich von Turin gelegen. Von hier stammt der 1986 gegründete Gegenpol der damals boomenden Fast-Food-Ketten, dem Slow Food. Also der bewussten Langsamkeit. Geschmack intensiv wahrnehmen und genießen, das Essen als kulinarischer Höhepunkt des Tages. Probieren, testen, austauschen. Mit der Großfamilie, mit Freunden – aber eben auch mit Fremden. Wer nimmt sich dafür heute noch die Zeit? Gerade heute eine besondere Art von Luxus. Das Schönste: Dafür brauchen Sie weder Computer noch Internet. Sie benötigen nur Ihre Sinne – ein Grund zum Jammern?
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