Slow Food – Die kulinarische Entdeckung der Langsamkeit
Slow Food, das heißt nicht etwa „langsam essen“, sondern soll einen bewussten Gegenpol zum weit verbreiteten Fast Food darstellen; jener zeitsparenden, aber eben auch genussarmen Art, sich schnell mal zwischendurch „was reinzuschieben“.
Dem setzt die Slow-Food-Bewegung eine Kultur des bewussten Essens und Genießens entgegen, mit besonderem Augenmerk auf geschmackliche Vielfalt, Nachhaltigkeit und die Förderung regionaler Küche.
Slow Food als Reaktion auf Fast Food
Ihre Ursprünge hat die Slow-Food-Bewegung im Jahr 1986, als der italienische Publizist Carlo Petrini und seine „Freunde des Barolo“ – passenderweise in den Weinbergen des Piemont – einen Verein zur Erhaltung der Esskultur gründeten. Zu dieser Zeit machten Proteste über die Eröffnung einer McDonald’s-Filiale direkt an den Stufen der Spanischen Treppe in Rom Schlagzeilen. Aber auch der italienische Weinskandal, bei dem Rotwein mit Methylalkohol versetzt wurde und der 19 Menschen das Leben kostete, war allgegenwärtig; das Image des italienischen Rebensafts lag, ähnlich wie das des österreichischen Weins nach dem Glykolskandal im Jahr zuvor, am Boden. Carlo Petrini machte es sich zur Aufgabe, den Ruf der italienischen Traube wieder aufzubessern, indem er vertrauenswürdige Kellereien in einem Weinführer vorstellt: der erste Schritt zur Slow-Food-Bewegung.
1989 wurde der Verein umbenannt in „Slow Food“ – eine internationale Non-Profit-Organisaton (NPO), die heute weltweit rund 100.000 Mitglieder in über 150 Ländern zählt. Seit 1992 gibt es auch den Verein Slow Food Deutschland e.V., der aktuell etwa 13.000 Mitglieder hat, die in 80 regionalen Gruppierungen, „Convivien“ genannt, organisiert sind. Der Begriff Slow Food ist inzwischen rechtlich geschützt, das offizielle Logo der Bewegung ist – natürlich – die Weinbergschnecke, ein Sinnbild für die Langsamkeit.
Die drei Säulen: Gut, sauber, fair
Das Slow-Food-Prinzip basiert auf drei Säulen: gut, sauber, fair. „Gut“ heißt in diesem Zusammenhang, dass Lebensmittel wohlschmeckend, frisch, nahrhaft und gesundheitlich tadellos sind – gutes Essen regt unsere Sinne an. „Sauber“ bedeutet, dass die Herstellung der Lebensmittel weder die Erd-Ressourcen noch die Ökosysteme oder die Umwelt belastet und keinen Schaden an Mensch, Tier und Natur verursacht. Und „fair“ schließlich beschreibt eine Ernährung und Lebensmittelproduktion, die soziale Gerechtigkeit fördert, mitsamt einer angemessenen Bezahlung und fairen Bedingungen für alle Beteiligten – ob Produzent, Händler oder Konsument.
Der Genuss soll beim Essen im Mittelpunkt stehen – das ist eine Kernaussage von Petrini und seinen Mitstreitern. Wer aber qualitativ hochwertiges Essen anbieten will, braucht Zeit für die Zubereitung. Anders ausgedrückt: Schnell ist nie gut, und gut ist nie schnell. Slow Food hat sich zum Ziel gesetzt, eine regionale und ökologische Esskultur zu bewahren, die Vielfalt von Nutztieren, Getreidesorten, Obst und Gemüse zu erhalten und traditionelle Methoden der Weiterverarbeitung wiederzubeleben. Darüber hinaus will der Verein aber auch aufklären – über industriell erzeugte Lebensmittel und deren Risiken, über Agrarwirtschaft auf Monokulturbasis, Massentierhaltung, den Einsatz von Chemikalien bei der Lebensmittelproduktion und die Risiken der Gentechnik.
Slow Food auf der EXPO 2015
Eine geeignete Plattform für Petrinis Botschaft ist die EXPO 2015 in Mailand mit ihrem Motto „Feeding the Planet, Energy for Life“: Auf einem 3.500 Quadratmeter großen Areal stellt der Verein sich und seine Ziele vor. Mittelpunkt ist das Slow Food Theater, in dem Vorträge, Diskussionen, Konferenzen, Präsentationen und Filmvorführungen stattfinden. Ein weiterer Bereich präsentiert die biologische Vielfalt von Käse und Wein – mitsamt leckerer Verkostungen.
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